Architekt DI Peter Polding ZT
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Staatlich befugter und beeideter Ziviltechniker  

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Wohnen am Land

Einfamilienwohnhaus in Feistritz / Knittelfeld
Planung in Zusammenarbeit mit DI Eva Maria Benedikt

Exponierter Lage mit Blick über das Ortszentrum und auf die umliegenden Bergketten.

Das ländliche Umfeld - ursprünglich durch Bauernhöfe geprägt – weist nunmehr eine Vielzahl an jüngst errichteten Einfamilienhäusern auf, die ohne nennenswerten Bezug zum Umfeld gruppiert wurden. Für das gegenständliche Grundstück existiert ein Bebauungsplan, der vor allem die Gebäude- und Geländehöhen sowie das vorgeschriebene rote Satteldach regelt.
„Wohnen am Land“ bezieht sich wiederum auf die alten Baustrukturen in diesem Bereich der Obersteiermark. Die im Hofverband bestehenden Wirtschaftsgebäude, Stallungen oder Wagenhütten liefern die Vorbilder sowohl hinsichtlich der Kubatur als auch der schmucklosen und strikten Gestaltung der Fassaden und Oberflächen. Durch seine Linearität setzt sich dieses Gebäude stark von den umliegenden Neubauten ab, es orientiert sich mit seiner Längsseite zum Ortskern, die Giebelwände fokussieren jeweils auf örtlich bekannte Identifikationspunkte, gezielt gesetzt holen Verglasungen den Seckauer Zinken und die vorgelagerte Hochalmkirche einerseits sowie die Gleinalm andererseits in das Gebäudeinnere.




Auch funktionell stellt „Wohnen am Land“ eine Übersetzung des traditionellen Hofverbandes dar – Wohnhaus, KFZ-Abstellplätze bzw. überdachte Terrasse und Werkstatt fügen sich aneinander, bilden in ihren Zwischenräumen und Übergängen Flächen für diverseste Freiraumnutzungen an – Spielen, Feiern, Reparieren – alles ist hier in unmittelbarer Nähe zueinander möglich. Eltern und Kinder können so entspannt ihren Interessen nachkommen und doch Zeit miteinander verbringen.

Die Entscheidung, ein Haus aus Holz zu bauen, wurde früh getroffen. Einerseits konnte so – wiederum in Anlehnung an traditionelle Wirtschaftsgebäude – die Einfügung in das Landschaftsbild mit einfachen Mitteln erfolgen. Die vergrauende Lärchenfassade wird mittelfristig optisch mit den umlaufenden bewaldeten Bergketten verschmelzen. Andererseits gewährleisten der nachwachsende Baustoff  Nachhaltigkeit, der mögliche hohe Vorfertigungsgrad eine kurze Bauzeit und das gewählte statische System kostengünstiges Bauen bei hoher räumlicher Qualität.
Auf teure Kellerräume wurde zugunsten oberirdischer Wirtschaftsräume verzichtet, die Heizform Erdwärme auch aufgrund des geringen Raumbedarfes gewählt.

Die Vorgaben der Bauherren waren im ersten Anlauf gering – eine überdachte Terrasse, eine Werkstatt für das Motorrad, eine großzügige Küche. Nichts davon wirklich spezifisch, sei es den Ort oder die Menschen betreffend. In langen Gesprächen konnten jedoch eine Vielzahl von Bedürfnissen und Wünschen, die primär nicht räumlich artikuliert wurden, gemeinsam erarbeitet werden.
Das spürbare Volumen im Inneren, die Möglichkeit, sich über mehrere Ebenen zu bewegen, stellte sich als ursächlicher Grund für den Umzug in ein eigenes Haus dar. Räume, die Lust auf Bewegung machen, die ein oben und unten ermöglichen, die Ausblick bieten ohne selbst gesehen  zu werden -  all das konnte die bisherige Eigentumswohnung nicht bieten. Die enge Verflechtung mit dem Garten stellte vor allem hinsichtlich der Kinder ein wichtiges Kriterium dar.

Im Inneren verzichtet „Wohnen am Land“ auf das Einziehen einer Decke; der viel geliebte  - und doch meist nur als Abstellfläche genutzte  - Dachboden entfällt. Ein schlichter Holzriegelbau mit tragenden Spanten bildet die Hülle. Ein in diese Hülle gestellter Kubus beinhaltet die Nebenräume und markiert durch eine punktuelle Reduktion der Raumhöhe den Eingang zu den privaten Schlafräumen der Familie.
In Anlehnung an die beliebte Heubodenromantik werden über den Nebenräumen Galerien eingezogen bzw. wird der Kubus betretbar ausgebildet. Den wichtigen Aufenthaltsräumen, wie Kinderzimmer, Elternzimmer und Wohnbereich, steht somit jeweils ein eigener „Heuboden“ zur Verfügung – hier kann man sich zurückziehen, verstecken, beobachten, übers Land schauen.

Die Familie wohnt nunmehr seit einigen Jahren „am Land“, das Haus wurde von den kleinen und großen BewohnerInnen in Besitz genommen. In wenigen Jahren werden die Kinder auf Ihrem Heuboden, Dinge tun, die Eltern nicht wissen sollten. Und schon heute ziehen sich diese auf ihren Heuboden zurück, um ungestört zu sein.
Der „Vulgo-Name“ Pferdestall, den dieses Haus von Anfang an im Ort trägt, ehrt die Planer –die Anlehnung an traditionell landwirtschaftliche Bautypen ist offensichtlich allgemein spür- und lesbar.